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Pastor Neikes: 6. Sonntag der Osterzeit

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 15, 9-17)

 

9 Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. 11 Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. 12 Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. 13 Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. 14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. 15 Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. 17 Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.


Der Fernsehfilm spielt zwar im Schwäbischen, aber er hat alles, was ein Maffiakrimi braucht: Eine Pizzeria, in der wenig Pizzen gegessen, dafür aber viel Geld gewaschen wird, es geht um Schutzgeld und Erpressung, es gibt eine korrupte Bürgermeisterin und einen Toten, der seine letzte Ruhestätte im Zement der Terrasse del Ristorante findet. In einer Ecke des Hauses thront mit Rosenkranz und Blumen geschmückt, mild lächelnd und mit gefalteten Händen eine Figur der Gottesmutter. Wenn es brenzlig wird, betet La Mardre zur Madonna: „Wenn du ein bisschen Zeit hättest … … Wir bräuchten ein Wunder! Ein kleines würde schon ausreichen!“ Simsalabim! Die Neueröffnung des Lokals wird ein großer Erfolg, und es geschehen noch ein paar kleine Wunder mehr. („Spätzle arrabiata“, SWR)

 

Das deckt sich nun leider so gar nicht mit meiner Gebetserfahrung. Wäre es nicht zu schön, wenn unser Beten die Madonna oder Jesus oder der Geist oder Gott dazu bringen könnte, ein Wunder zu vollbringen? Der Pandemie ein Ende zu bereiten, Frieden, kein Hunger mehr, reine Luft und Hilfe in den kleinen und großen Sorgen der Familien, … … …

 

Aber sagt uns Jesus heute im Evangelium nicht so etwas zu? „Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet!“ (Joh 15,16).

 

Wie schon am letzten Sonntag sind wir mit Jesus und den Jüngern im Abendmahlssaal. Er weiß, dass seine Zeit zu Ende geht. Wie wird der Weg, den er gegangen ist, weitergehen? Immer war es ein Weg zu den Menschen. Die Kranken und Ausgegrenzten zu denen, denen eine schwer Lebenslast aufgelegt war, die sich schuldig fühlten oder von anderen schuldig gesprochen wurden. Auf diesem Weg hat Gott sich den Menschen gezeigt als ein Gott der Liebe. Diese Bewegung Gottes soll nicht zum Stillstand kommen. Jetzt in den letzten Stunden fordert Jesus seine Jüngerinnen und Jünger auf, sich diese „Bewegung der Liebe“ (F.J. Nocke) fortzusetzen: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!“ (Joh 15,9)

 

Auf dem Weg mit Jesus haben sie eine neue und andere Welt erlebt. Mit Jesus ist ihnen jemand begegnet, der Freude ausstrahlte, die ansteckend war. In der Begegnung mit ihm haben die Menschen aufgeatmet und sich wieder aufgerichtet. „Evangelium“ nennen wir diesen Weg, Frohe Botschaft, Freude! Diese Freude soll bleiben. „Ich halte Jesus von Nazareth für den glücklichsten Menschen, der je gelebt hat.“, sagt die Theologin Dorothee Sölle und weiter: „Je glücklicher einer ist, umso leichter kann er loslassen.“ (Sölle, Phantasie und Gehorsam) Deshalb kann Jesus gleichsam in einem Atemzug von der Freude und von der sich selbst gebenden Hingabe reden: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird…. … Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,11.13)

 

Die Liebe wird zur Mitte und Bewährungsprobe für ein Leben auf dem Weg des Evangeliums. Aber noch bevor sie gefordert wird, ist sie ein Geschenk und macht die Jüngerinnen und Jünger zu Freundinnen und Freunden Gottes. Sie ist die Motivation, der Beweggrund, den Weg Jesu auf die Menschen zu weiterzugehen.

 

„Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe." (Joh 15,15)

 

„Ich nenne euch nicht mehr Knechte.“ (Joh 15,15) Freunde sind auf gleicher Augenhöhe. Auf Augenhöhe mit Gott bedeutet die Änderung des Blickwinkels. Nicht mehr von mir aus auf die Welt, auch nicht von oben herab, – so als wäre Gott im Himmel geblieben, – sondern auf Augenhöhe mit Gott, der sich an die Seite der Menschen gestellt hat. Auf Augenhöhe und von Herz zu Herz. Jesu Liebe war immer konkret getane Liebe an den Menschen. So muss auch Liebe der Jüngerinnen und Jünger konkret werden im Handeln an der Welt und am Nächsten. Die Gabe der Liebe wird zur Aufgabe: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.“ (Joh 15, 16)

 

Genau da aber stoßen wir an unsere Grenzen. Immer wieder geraten wir in Situationen, wo wir uns und andere nicht weiterzuhelfen wissen. Weiß Jesus darum und gibt uns deshalb die Verheißung: „Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.“ (Joh 15,18)?

 

Manchmal stehen wir vor Herausforderungen, da können wir nur noch auf ein Wunder hoffen. Hilft es dann zu beten? Wird Gott uns alles geben, was wir erbitten? Unser „Weltwissen“ heute ist viel größer als das unserer Vorfahren. Wir kennen naturwissenschaftliche Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten. Wenn sich jetzt z. B. die Pandemiesituation beruhigt und die Inzidenzzahlen zurückgehen, wenn wir wieder auf ein normales Leben hoffen können, dürfen wir dann sagen, dass neben den Erfolgen der Medizin und Virologie auch unsere Gebete geholfen haben? Wenn das so wäre, warum hat Gott nicht auch die Gebete der Menschen etwa in Indien erhört?

 

Das Evangelium, das Jesus gelebt hat, soll weiter lebendig sein. Deshalb sammelt Jesus Menschen und sagt ihnen zu: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt.“ Die Liebe ist die Sehnsucht Gottes mit uns Menschen zu sein.

 

Das Evangelium hat uns einen neuen und anderen Blick auf die Welt geschenkt. Eine Welt, die ganz anders sein könnte als die konkret erfahrene. Ein weiser Rabbi sagt: „Ich nenne IHN den Gerechten. Das legt IHM eine gewisse Verpflichtung auf!“ Will heißen, wenn Gott uns in Jesus den Blick auf eine andere Welt geschenkt hat, müssten wir ihn dann nicht auch beim Wort nehmen dürfen? Unsere Gebete wären dann die Sehnsucht, dass Gott seine Verheißungen wahr werden lässt.

 

Das Gebet - Sehnsucht der Menschen nach Gott.

 

Die Liebe - Sehnsucht Gottes nach uns Menschen.

 

Vielleicht werden wir einmal zusammenkommen.

 


Der Ring der Liebe

 

Liebe, die nicht einengt,

die nichts und niemanden

ausschließt.

Liebe, die kein Strohfeuer ist.

 

Liebe ohne Berechnung,

Liebe, die nicht spekuliert,

Liebe, die nicht sperrt

noch spart.

 

Liebe, die nicht platzt

wie eine Seifenblase.

Liebe, die nicht großspurig,

sondern großzügig macht.

 

Eine allumfassende,

und doch ganz und gar besondere,

persönliche Liebe:

„Wie ein Ring umschließt uns alle

Christi Liebe.“

 

Dorothee Sandherr-Klemp

aus: Magnificat. Das Stundenbuch 05/2021, Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer In: Pfarrbriefservice.de

 


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