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Pastor Neikes: Dreifaltigkeitssonntag

Aus dem Matthäusevangelium  (Mt 2, 16-20)

 

Der Auftrag des Auferstandenen

 

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. 17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder, einige aber hatten Zweifel. 18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. 19 Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

 


„Ferienfreizeit in Schweden. Was hatte ich für eine gute Zeit mit meiner Kirche! Lagerfeuer, Stockbrot, irre viel Spaß. … … … Nächtelang haben wir über den Sinn des Lebens diskutiert, meine Freunde und ich. Meinen moralischen Kompass? Ich habe ihn von der Kirche. Das ist lange vorbei. Heute bin ich nur noch enttäuscht. … … … Der heutigen Generation Stockbrot werden all diese positiven Erfahrungen geklaut, weil die Kirche an ihrem schlimmsten Verrat selbst scheitert.“

 

So fasst der junge Journalist Dennis Leiffels in einer Reportage (1) über die nicht enden wollende Geschichte zu sexualisierter Gewalt an Kindern im Raum der Kirche, seine Jugend Erfahrungen mit Kirche und seine Enttäuschung zusammen. In seinen Worten finde auch ich mich mit meiner Kirchenbiografie wieder, aber auch mit meiner Enttäuschung und meiner Sorge um die „Generation Stockbrot“. Kirche sollte, müsste, könnte ein Raum für positive Erfahrungen sein, die prägend für das Leben sind.

 

Hat Jesus bei seinem Abschied, so wie ihn Matthäus beschreibt, seinen Jüngerinnen und Jüngern nicht genau diesen Auftrag mit auf den Weg gegeben?

 

„In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.“ (Mt 28,16)

 

Galiläa, das ist das „Schweden“ der Jüngerinnen und Jünger Jesu. Die gemeinsame gute Zeit mit ihm, eine Zeit, in der auch herzliche Freundschaften untereinander entstanden sind. Sie haben diskutiert und sich auseinandergesetzt. Sie haben Wunder gesehen und Worte gehört, die ihnen einen ganz neuen Zugang auf Gott hin eröffnet haben. Nun aber hat sich mit dem Tod Jesu ein dunkler Schatten auf diese Erfahrung gelegt.

 

Die Botschaft des Auferstandenen an die Gemeinschaft lautet: Geht nach Galiläa, dort werdet ihr mich sehen. (Mt 28,9) das klingt zunächst so, als wollte Jesus mit diesem Ort an die Zeit gemeinsamer Erfahrung anknüpfen und seinen Freunden sagen: „Behaltet diesen Ort in Euren Herzen.“ Und doch geht es um mehr. Sie begegnen Jesus, den sie für tot gehalten haben. Ineinander fallen Freude und Zweifel, Zuversicht und Skepsis. Der Tod am Kreuz hat Jesus den Jüngern nicht entzogen. Der ihnen da auf dem Berg begegnet, ist der Jesus, der ihr Weggefährte durch Galiläa und nach Jerusalem gewesen ist. Schnell wird klar, worum es Jesus geht: Das Evangelium, die Frohe Botschaft vom Reich Gottes soll lebendig bleiben. Die Sache Jesu soll weitergehen.

 

„Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.“ Die Auferstehung stellt die alte Ordnung von oben und unten, stark und schwach, Sieger und Besiegte, von Leben und Tod außer Kraft und ist die Bestätigung dessen, was Jesus gelebt, getan und geliebt hat. Die Liebe ist am Kreuz nicht gestorben.

 

Die Sache Jesu soll weitergehen: „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ .(Mt 28,19)

 

In älteren Bibelausgaben steht über diesen Versen oft „Missionsauftrag“. Nach vielen Hundert Jahren Missionsgeschichte ist der Auftrag Jesu, zu den Völkern zu gehen und zu taufen, belastet durch Fehlinterpretationen und vor allem durch die Dienstbarmachung der Mission für die Festigung von politischer Macht. Dann: Erst in späteren Zeiten werden Theologen von „Erbsünde“ sprechen, die seit Adam und Eva über alle Menschen gekommen ist und nur durch die Taufe getilgt werden kann.

 

Jesus schickt seine Jünger in die Welt, wie er in die Welt gesandt worden ist. Sie sollen Menschen gewinnen, sammeln und sie an die Liebe Gottes binden. Dies soll nicht nur durch einen Ritus geschehen, sondern durch die Begegnung mit der Frohen Botschaft: „Lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe!“ (Mt 28, 20a).

 

Jesus spricht nicht von Mission und nicht von Erbschuld. In den Mittelpunkt des Auftrages stellt er sein Evangelium. Das Matthäusevangelium überliefert uns viele Worte Jesu. Berühmt ist die Bergpredigt (Mt. 5 -7). Hier finden wir die Mitte der Lehre Jesu wie die Seligpreisungen, dass die Jünger Licht und Salz der Welt sein sollen, das Gebot der Feindesliebe und die Aufforderung Almosen zu geben und das Vaterunser. Er vertraut ihnen sein Evangelium an, in dem er die Erfüllung von Gesetz und Propheten sieht. Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. (Mt 5,17) Seine Jünger solle diese Worte immer neu hören und darüber nachdenken.

 

Ähnlich wie im Glaubensbekenntnis Israels. „Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Kindern wiederholen. Du sollst sie sprechen, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst.“ (Dtn 6,6.7) Durch ihr Leben soll das Evangelium sichtbar und erfahrbar werden. „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt 5,14)

 

Ich erinnere mich noch einmal an die guten Erfahrungen des jungen Journalisten mit der Kirche. Waren das im Grunde nicht Begegnungen mit dem Evangelium? „Nächtelang haben wir über den Sinn des Lebens diskutiert, meine Freunde und ich. Meinen moralischen Kompass? Ich habe ihn von der Kirche“ das Evangelium als Wegweiser durch ein gutes Leben.

 

Beim Abschied Jesu von seinen Jüngern entwirft Matthäus das Bild einer Kirche, die sich dem Evangelium Jesu verpflichtet fühlt. Eine Kirche, die immer neu über das Wort nachdenkt und immer neu lernt. Eine Kirche, die das Evangelium lebt und für die Welt erkennbar wird: Ihr seid das Licht der Welt

 

Kein toter Buchstabe, keine akademische Dogmatik, sondern gelebtes Evangelium. Dieser Kirche gilt die Zusage: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,20)

 

(1) Rabiat: In Gottes Namen / ARD 10.05.2021


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