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Pastor Neikes: 11. Sonntag im Jahreskreis

Aus dem Markusevangelium 4,26-34

 

Das Gleichnis vom Wachsen der Saat

 

26 Er sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; 27 dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. 28 Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. 29 Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Das Gleichnis vom Senfkorn

 

30 Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? 31 Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. 32 Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.

 


 

 

„Vorsätze zur Änderung des Lebens zu machen, ohne das „Fleisch auf den Grill“ zu legen, führt zu nichts….“ Sagt Papst Franziskus in seinem Brief an Reinhard Kardinal Marx, mit dem er sein Rücktrittsersuchen ablehnt. Was die Situation der Kirche und die Verantwortung angeht, teilt er die Einschätzung des Erzbischofs: „Ich stimme dir zu, dass wir es mit einer Katastrophe zu tun haben: der traurigen Geschichte von sexualisierter Gewalt und die Weise, wie die Kirche damit bis vor Kurzem umgegangen ist…“. Aber dann sagt er: „Vorsätze zur Änderung des Lebens zu machen, ohne das „Fleisch auf den Grill“ zu legen, führt zu nichts….“

 

(https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2021/06/10/0372/00815.html)

 

Wir sind also an einem toten Punkt, es ist eine Katastrophe. – Schöne Worte reichen hier jetzt nicht mehr aus: „Fleisch auf den Grill!“ – „Butter bei die Fische“ – auf Worte müssen Taten folgen, auch wenn wir uns dabei die Finger verbrennen. Es muss etwas geschehen! „Fleisch auf den Grill!“ Das Wort gefällt mir.

 

Während der Papst „Alarm!“ ruft, erzählt Jesus uns von einem gelassenen Bauern. Er hat sein Feld bestellt, „dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst, und der Mann weiß nicht, wie.“ (Mk 4, 27)

 

In diesem Gleichnis ist nicht von Kirche die Rede, sondern davon, wie das Reich Gottes heranwächst. Und da sagt er: Mit dem Reich Gottes ist es so wie mit einem Bauern, der schläft und aufwacht und schläft und aufwacht „Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.“ (Mk 4, 28) Nichts tun zu können, das ist für die industrialisierte Landwirtschaft unserer Tage ein unerträglicher Gedanke. So viele Möglichkeiten stehen uns heute zur Verfügung vom genmanipulierten Saatgut über Turbodünger bis hin zu den Pestiziden. Zurzeit Jesu war dies jedoch eine elementare Lebenserfahrung: Man kann nichts tun, außer zu warten und zu hoffen. Während die Zeit des Bauern vergeht, wächst die Saat heran und trägt Frucht: „Sobald die Frucht reif ist, legt er die Sichel an, denn die Zeit der Ernte ist da.“ (Mk 4, 29)

 

Mit diesem Gleichnis verkündet Jesus, dass mitten in unserer Welt eine andere Wirklichkeit Gestalt annimmt. Er nennt sie das Reich Gottes. Sein Wachstum ist unabhängig von unserem menschlichen Gelingen und Versagen. Zwar erzählt er nie davon, wie dieses Reich konkret aussieht, aber in der Begegnung mit ihm erfahren Menschen schon jetzt, was diese neue Wirklichkeit bedeutet. Jesus richtet Kranke auf, immer wieder wendet er sich denen zu, die sich schuldig fühlen, er ist „Freund des Hauses“ bei Zöllnern und Sündern. Früh schon stellt er fest: „Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ (Mk 2,17)

 

Jesus erzählt vom Reich Gottes, das kommt und kommen wird so sicher wie die Ernte. Es kommt ohne unser Zutun.

 

Jetzt könnten wir sagen: Geduld lieber Papst und lieber Kardinal. „Alles wird gut“. Könnten wir, wenn Jesus die Verkündigung des Reiches nicht so begonnen hätte: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Wie bekommen wir das jetzt übereinander: die Geduld und die Umkehr?

 

Die eine Sache ist die, wie Gott das Reich wachsen lässt und eine andere ist es, wie wir uns zu diesem Reich verhalten. Jesus nennt einige Eintrittsbedingungen. Da gibt es nicht nur die harmlos klingenden Sätze wie „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen.“ (Mt 18, 3) Besonders in seiner Bergpredigt entfaltet Jesus den herausfordernden Charakter des Gottesreiches. (Mt 5, 1-12) Da geht es um Anspruchslosigkeit, Erbarmen, Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit. Wenn wir im Vaterunser um das Reich Gottes beten, bitten wir auch darum, dass wir es Gott gleichtun und einander vergeben. Und immer wieder geht es Jesus um das große Hindernis des Reichtums: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Mk 10,25

 

Es geht darum, mein Leben schon jetzt von dem prägen zu lassen, was ich vom Reich Gottes erwarte „Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6,33), sagt Jesus zu denen, die ganz besetzt sind von der täglichen Sorge um Kleidung und Brot.

 

Da kommt vonseiten der Kirche, die Verkünderin des Evangeliums der Frohen Botschaft des nahen Gottesreiches sein sollte, einiges zusammen: der Reichtum, die Machtfrage, Gewalt, Ausgrenzung. In seinem Brief an Kardinal Marx sagt Franziskus: "Man verlangt von uns eine Reform, die – in diesem Fall – nicht in Worten besteht, sondern in Verhaltensweisen, die den Mut haben, sich dieser Krise auszusetzen, die Realität anzunehmen, wohin auch immer das führen wird.“ Also: „Fleisch auf den Grill!“ Auf Worte müssen Taten folgen,

 

Aber auch das sagt der Papst: „ ... jede Reform beginnt bei sich selbst. Die Reform in der Kirche haben Männer und Frauen bewirkt, die keine Angst hatten, sich der Krise auszusetzen und sich selbst vom Herrn reformieren zu lassen.“

 

Ja, das Reich Gottes ist ein Verkündigungsanspruch an die Kirche und die, die in ihr Verantwortung tragen. Der erste Adressat, die erste Adressatin des Rufes Jesu zur Umkehr aber bin ich. Das Evangelium vom Reich Gottes ist die Herausforderung, mein Leben schon heute nach dem auszurichten, was ich erhoffe.

 

Jeus endet mit einem Bild von Größe und Freiheit. Das Gleichnis vom Senfkorn, das zwar klein ist, aber schon alle Informationen in sich hat, um zu wachsen. „Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.“ (Mk 4, 32)

 

Der Vogel gilt in vielen Religionen und spirituellen Wegen als Symbol der Freiheit und der befreiten Seele. Frei zu sein von Ängsten, Gefühlen der Schuld, vom Zwang tun und machen und besitzen zu müssen. Frei zu sein wie ein Vogel!

 

Jesus kommt mit einer befreienden Botschaft: Das Reich Gottes ist nahe! Und das heißt, um es mit den alten Gebetsworten der Psalmen zu sagen:

 

„Unsre Seele ist wie ein Vogel dem Netz des Jägers entkommen; das Netz ist zerrissen und wir sind frei.“ (Psalm 124,2)

 


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